Zu den Grundprinzipien des Strafverfahrens gehört die Unschuldsvermutung, die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt. Das bedeutet, dass für Verdächtige oder Beschuldigte solange die Vermutung der Unschuld gilt, bis die Schuld in einem rechtsstaatlichen Verfahren festgestellt worden ist.
Dass die Unschuldsvermutung selbstverständlich auch für Menschen gilt, für die ein rechtlicher Betreuer bestellt worden ist, scheint zumindest bei der Hamburger Polizeibehörde nicht zu jedem Polizeibeamten durchgedrungen zu sein.
Mein Betreuter ist Autist und hat es mit der Zuneigung zu einer ehemaligen Lehrerin seiner Förderschule zu gut gemeint. So gut, dass er sich ihr Gesicht auf seinen Unterarm tätowieren ließ und regelmäßig Liebesbotschaften verfasste, so dass die Schule kurze Zeit später von ihrem Hausrecht Gebrauch machte und ein Hausverbot aussprach. Der Verstoß gegen ein solches Hausverbot kann theoretisch den Straftatbestand des § 123 StGB (Hausfriedensbruch) erfüllen.
In einer E‑Mail vom 27.09.2019 teilt mir ein Polizeibeamter der Hamburger Polizeibehörde nun mit, dass mein Betreuter gegen das Hausverbot verstoßen habe. Dies habe jedenfalls die Schule in einer E‑Mail mitgeteilt. Er sei um 14.50 Uhr auf dem Schulgelände gesehen worden, weshalb nun eine Strafanzeige vorliege. Wegen eines durch die Polizei zusätzlich ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes solle er ferner nun ein Zwangsgeld in Höhe von 50 € zahlen.
Meine Antwort mit dem Hinweis, dass die Unschuldsvermutung auch für Menschen, für die ein rechtlicher Betreuer bestellt worden ist, gilt, fiel wahrscheinlich nicht so aus, wie man sich das bei der Polizei erhofft hatte. Beruhigt bin ich übrigens schon einmal, dass nur eine Strafanzeige und kein Strafantrag vorliegt. Beim Hausfriedensbruch handelt es sich nämlich um ein Delikt, das nur auf Antrag verfolgt wird (§ 123 Abs. 2 StGB). Eine bloße Strafanzeige reicht dafür nicht aus.
Mein Betreuter sagt übrigens, dass er das Schulgelände seiner ehemaligen Schule nicht betreten hat.